Donnerstag – Skomer

Heute geht es endlich zur Vogelinsel, zu den Papageientauchern – darum sind wir ja schließlich überhaupt nach Wales gekommen. Die Wettervorhersage ist super, leider bedeutet der Ausflug frühes Aufstehen. So richtig früh. Tickets kann man nämlich nicht vorbestellen – wer zuerst kommt, geht zuerst auf das Boot und die Insel. Wer mit dem ersten Boot übersetzen möchte sollte spätestens um acht Uhr in der Schlange vor dem Ticketschalter stehen. Der öffnet um 8:30h. Wir haben Glück: 50 Passagiere quetschen sich auf einmal in die kleine „Dale Princess“, wir sind so um die Nummer 44, 45. Sehr oft fährt das Boot nicht mit Fahrgästen zur Insel, die Zahl ist auf maximal 250 Besucher am Tag beschränkt.

Um kurz nach zehn landen wir auf Skomer. Alle Infoseiten warnen vor den 80 steilen Stufen die Klippen hinauf. Wir merken das gar nicht. Genau hier am Anleger ist nämlich eine kleine Puffinkolonie, alle bleiben immer wieder stehen, um die ersten Fotos von den Papageientauchern zu schießen. Wir sind begeistert, meine Güte, sind das schöne Vögel; mir stehen die Tränen in den Augen.

Oben angekommen wird die Gruppe von einer der Helferinnen begrüßt, wir bekommen eine intensive Einweisung in das korrekte Verhalten auf Skomer. Die Vögel gehen immer vor – auf keinen Fall auch nur einen Schritt vom ausgewiesenen Weg runter, man läuft Gefahr, in eine Bruthöhle zu treten und vielleicht ein Ei oder ein Jungtier zu zerquetschen. Den Vögeln sind Wege egal, die bauen ihre Behausungen auch mitten darauf. Immer genau hinschauen, wo man hintritt. Bei einer The Wick genannten, vorgelagerten Klippe führt der Pfad durch eine große Puffinkolonie. Möchte ein Papageientaucher über den Weg, muss man Platz machen, die Vögel haben Vorfahrt, egal, von welcher Seite.

Gernot und ich entschließen uns für den langen Weg um die ganze Insel herum, Zeit genug haben wir ja. Der Weg wird mit einer reinen Gehzeit von ca. drei Stunden ausgewiesen. Wir gehen im Uhrzeigersinn, so dass wir als Höhepunkt zum Ende der Tour bei The Wick vorbeikommen.

Erster Orientierungspunkt ist die alte Farm in der Mitte der Insel. Die einst verfallenen und jetzt teilweise wieder hergestellten Gebäude dienen als Unterkunft für die freiwilligen Helfer und bieten einige wenige Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste, denen ein Tagesausflug nicht ausreicht. Außerdem ist hier ein kleines Informationszentrum untergebracht sowie die einzigen Toiletten auf der Insel. Man rät uns, diese Möglichkeit bei Bedarf zu nutzen. Es gibt auf Skomer weder Bäume noch Büsche, dafür aber eine Menge Leute mit Feldstechern.

Skomer ist nicht so, wie ich mir eine typische Vogelinsel vorgestellt habe, so nur Fels und dann ein Vogel neben dem anderen. Klippen sind hier auch rundherum, aber ist man erst einmal oben, ist das Plateau relativ eben. Und überall aus der niedrigen Vegetation schauen die Köpfe von Seevögeln heraus. Dominant sind die großen Silbermöwen, die schreien auch am lautesten. Wir sehen Kittiwakes (Dreizehenmöwe), andere Möwensorten, Dohlen, Choughs (Alpenkrähe) und Razorbills (Tordalk). Die Manx Shearwater (Schwarzschnabelsturmtaucher) kommen erst in der Dämmerung aus ihren Bruthöhlen, sie sind nämlich die bevorzugte Beute der großen Möwen. Auf den Wegen liegen auch immer wieder tote Vögel. Die Austernfischer erkennen wir sofort, die kennen wir schon von unserer Neuseelandreise. Es gibt aber nicht nur Seevögel auf Skomer, auch eine Eulenart ist hier heimisch, Bussarde, Wander- und Turmfalken und die vielen kleinen Singvogelarten wie Feldlerche, Bluthänfling, Dorngrasmücke oder Zaunkönig.

Hauptattraktion sind und bleiben aber die witzigen Papageientaucher. Der Kapitän der „Dale Princess“ hat nicht zu viel versprochen, The Wick wimmelt von Puffins. Wir stehen lange und haben unsere Freude an den kleinen Clowns, Gernot macht hunderte Fotos. Mancher Puffin kommt so dicht, dass man am liebsten die Hand nach ihm ausstrecken möchte. Der Aufwand für dieses einmalige Erlebnis ist nichts gegen die Freude da oben auf dem Klippenweg.