Sonntag – Ravenglass

Yes! Die Wolken reißen auf, die Sonne kommt durch. Bis zum Mittag ist der Himmel strahlend blau, und das schöne Wetter hält sich auch den Rest des Tages.

Zum Eingewöhnen starten wir erst einmal mit einer vermeintlich leichten Küstenwanderung. Unsere „Wanderbibel“ ist diesmal der Rother Wanderführer für England/Nord. Hier gibt es einen schönen Tourenvorschlag Ravenglass und Muncaster Park, ausgewiesene Gehzeit zweieinhalb Stunden. Falls das mal jemand nachgehen möchte: Den Weg kann man tatsächlich nur bei Ebbe wandern.

Startpunkt ist der Parkplatz der berühmten Ravenglass Railway, einer alten Schmalspurbahn, ursprünglich vom Bergbau genutzt und mittlerweile eine Touristenattraktion. Ein malerisches Sträßchen entlang geht es hinunter zum Ufer des River Esk. Noch ist der Uferstreifen breit, hauptsächlich mit Kieseln bedeckt. Weiter weg vom Ort geht der Weg dann langsam in Salzwiesen über. An einer Stelle verzettel ich mich völlig und stehe plötzlich mitten im Schlick. Fast zieht es mir die Schuhe aus, panikartig bemühe ich mich, wieder höher zu kommen. Hey, wie in einem Alptraum, wenn man laufen will und bekommt die Füße nicht vom Boden! Als wir uns eine Viertelstunde später noch einmal umschauen steht hinter uns schon alles unter Wasser. Das Wasser steigt hier recht zügig!

Die Wegbeschreibung im Wanderführer ist sehr genau. Leider steht nicht darin, dass der Großteil der Strecke nach heftigen Regenfällen am Vortag ausgesprochen sumpfig ist. Schon mal im Schilfdickicht durch knöcheltiefen Matsch gestiefelt? Als meine Motivation gerade am Tiefpunkt angelangt ist haut es mich auch noch um – voll mit einem Fuß weggerutscht und ich lande im Schilfgras. Mit Mühe und Not zieht mich Gernot wieder hoch. Ich will hier nur noch weg!

Etwas weiter endlich der Durchbruch in der Mauer mit dem Tor zum Muncaster-Gelände. Rauf über eine Wiese ohne erkennbaren Weg, bis wir endlich einen Feldweg erreichen, der offenbar zurück in die Zivilisation führt. Denkste! Das unangenehmste Hindernis müssen wir erst noch überwinden. In einer Mulde hat sich soviel Wasser angestaut – wie sollen wir denn da rüberkommen? Links hohe Feldsteinmauer, rechts Brombeergestrüpp bis über den Weg. Gernot traut sich als erster, bis über die Knöchel im Matsch versinkend. Ich hangel mich verzweifelt an die Mauer geklammert irgendwie vorwärts, ein, zwei dicke Steine geben dem rechten Fuß halt. Bis kurz vor der anderen Seite, da ist keine Trittmöglichkeit mehr. Wild entschlossen reiße ich aus der oberen Reihe einen der Steine aus der Mauer und werfe ihn vor mir in den Matsch – ich bin drüben! Gut, wir sind jetzt auch noch von oben bis unten voll mit Schlammspritzern, aber das kann man ja abwaschen…

Den geplanten Bogen durch den Schlosspark sparen wir uns, wir sind jetzt schon fast drei Stunden unterwegs. An römischen Ruinen vorbei geht es zurück zum Bahnhof, wo wir uns im Café mit einer „soup of the day“ belohnen. Später am Nachmittag, frisch geduscht und mit sauberer Kleidung, schlendern wir Eis essend durch Seascale, versuchen hinter die Geheimnisse eines gerade stattfindenden Kricketspiels zu kommen und genießen ganz einfach den schönen Tag.